Das Retourenmanagement hat sich innerhalb des Onlinehandels zu einer Königsdiziplin entwickelt. Wie man am besten durch präventive Maßnahmen das Retourenaufkommen in den Griff bekommt oder sogar verringert, ist im hochkompetitiven Online-Markt ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Inzwischen hilft sogar künstliche Intelligenz (KI), die Flut der Rücksendungen zu verringern. 

Auch im Online-Handel ist Corona ein Game-Changer. Hat der Konsument, der wegen der Pandemie nur eingeschränkt den stationären Einzelhandel nutzen kann, erst einmal begriffen, wie leicht es sich vom Sofa aus über einen Online-Account oder eine App einkaufen lässt, wird er schnell zum Dauerkäufer. Und zum Weltmeister der Retouren: Allein 2019 schickten die Deutschen 280 Millionen Päckchen zurück und verursachten dabei bei den Händlern Kosten von 5,46 Milliarden Euro, wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) ausrechnete. Laut dem Verband verzeichnete der E-Commerce im 1. Halbjahr 2021 ein Wachstum von 23,2 Prozent auf einen Umsatz von 45,2 Milliarden Euro – und der Retourenberg erreichte die Höhe des Mount Everests. Das Retourenmanagement steht also weiter vor großen Herausforderungen, technisch, logistisch und in Sachen Kommunikation und Marketing. Mit methodischem Vorgehen und moderner Technologie lässt sich die Rückgabeflut eindämmen. Hier ein paar Tipps für ein besseres Retourenmanagement.

5 Tipps zur Reduzierung von Retouren

Analysieren Sie die Retouren

Warum hat ein Kunde die Waren zurückgeschickt? Die Analyse der Retourengründe steht am Anfang eines jeden effizienten Retouren-Managements. Dabei führt heute kein Weg mehr an der digitalen Erfassung des gesamten Prozesses vorbei. Dank intelligenter Software können nicht nur Retouren- und Rechnungsdaten sowie Konsumentenangaben wie Namen, Anschriften und Kundennummern zusammengeführt werden, sondern mit vordefinierten Retouren-Codes („Passt nicht“, „Artikel war beschädigt“) auch die Rückgabegründe. Anschließend können sich Ein- und Verkauf eine Übersicht über diese Gründe verschaffen und beispielsweise mangelhafte Artikel aus dem Sortiment werfen. Laut einer Studie der Universität Bamberg ist „schlechte Qualität“ der Grund für fast ein Drittel aller Retouren! Das Zusammenführen aller Daten entlang der Prozesskette setzt voraus, dass sie in einer zentralen Datenbank erfasst werden, auf die alle Abteilungen Zugriff haben.

Kommunizieren Sie mit der Kundschaft auf allen Kanälen!

Der Kunden-Dialog erfolgt heute auf allen Plattformen entlang der Customer Journey. Seien Sie dabei, wenn sich Konsumenten bei Facebook, Instagram & Co über ihr Unternehmen austauschen. Erfahren sie, welche Produkte und Services sie loben oder kritisieren. Häufen sich Kritikpunkte? Dann ist das ein Hinweis, warum bestimmte Produkte zurückgeschickt werden. Haben Sie keine Vorbehalte gegen kritische Bewertungen (solange sie nicht gegen die Netiquette verstoßen), da sie der Community die Authentizität der Aussagen bestätigen – und damit auch die positiven! Antworten Sie sachlich und zeitnah.

Suchen sie den Dialog, wenn der Kunde auf ihrer Website shoppt. Dies funktioniert über Chatfunktionen oder Chatbots. Setzen Sie Pop-ups ein, die den User während des Bestellvorgangs noch mit Content ansprechen. Steckt hinter dem Pop-up eine Software, die eine Personalisierung des Inhalts und der Tonalität zulässt, wird der User die Kontaktaufnahme als Serviceleistung und nicht als nervige Werbung wahrnehmen. Bauen Sie einen langfristigen Kommunikationskanal zu Ihrer Klientel auf, etwa über einen Newsletter oder einen Blog.

Bilden Sie die Produkte aus allen Perspektiven ab

Die User-Experience im Webshop ist ein wichtiger Faktor beim Onlineshopping – und ein entscheidender bei der Reduzierung von Retouren. Denn: Führen Bild und Text den Besucher mit passgenauen Infos zu dem Produkt, das er sucht, sinkt die Gefahr eines Fehlkaufs und damit die der Rücksendung. Nutzen Sie hochauflösende Bilder und zeigen Sie das Produkt aus verschiedenen Perspektiven, um einen möglichst realistischen Eindruck zu vermitteln. Setzen Sie die Zoomfunktion ein, um möglichst unverpixelte Detailansichten zu gewährleisten. Nicht nur bei Kleidung, sondern auch bei Produkten wie Uhren oder Rucksäcken, die am Körper getragen werden, bieten Models einen realistischen Eindruck. Inzwischen lassen KI-Technologien im Modebereich individualisierte Empfehlungen und eine 3D-Größenberatung zu. Selbst „virtuelle Umkleidekabinen“ gibt es schon, in denen der Kunde Kleidung wie eine digitale Anziehpuppe anprobieren kann.

Texten Sie präzise und mit Liebe zum Detail

Setzen Sie auch bei der Produktbeschreibung auf Präzision. Geben Sie Größe, Gewicht und Maße des Produkts an, arbeiten Sie USP und Vorteile plastisch heraus. Sparen Sie nicht mit technischen Details, liefern Sie, wo nötigt, Zusatzinfos zu Lieferumfang und -zeit, verweisen Sie auf Zubehör und verlinken Sie auf ergänzende Produkte. Bei besonders erklärungsbedürftigen Artikeln können Sie Datenblätter als PDF zum Download anbieten. Je genauer ein Produkt beschrieben ist, umso besser weiß der Käufer Bescheid und ist beim Auspacken des Produkts nicht enttäuscht, das ein Feature fehlt. Kurze Teaser, Zwischenüberschriften und Zusammenfassungen mit Bulletpoints erleichtern den Lesefluss. Last but not least: Setzen Sie für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) Keywords ein, um im Google-Ranking möglichst prominent aufzutauchen.    

Vermeiden Sie Retouren schon beim Versenden

„Beschädigte“ Ware ist laut einer Befragung der Uni Bamberg unter den Top-3-Gründen für eine Rückgabe. Wählen Sie deshalb beim Versand eine stabile, produktkonforme Verpackung, damit der Artikel heil beim Kunden ankommt. Denken Sie aber daran, dass der Empfänger die Kartonage entsorgen muss – weniger ist mehr, schon aus ökologischen Gründen. Auch die „letzte Meile“ zum Kunden kann ein Retourengrund sein. Viele Empfänger erwarten heute kurze Lieferfristen und werden ungeduldig, wenn diese nicht eingehalten werden. Geben Sie deshalb schon beim Bestellvorgang genaue Lieferbedingungen an. Ist die bestellte Ware unterwegs, informieren Sie den Empfänger per Textnachricht oder E-Mail über die Dauer der Sendung und die Ankunftszeit. Nach Zustellung können Sie den Kunden noch einen Beratungsanruf anbieten, was vor allem bei erklärungsbedürftigen Produkten Sinn macht.